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38. Konfrontationen 2017

Festival für freie und improvisierte Music

20. – 23. Juli

Zentral im Programm der heurigen 38. Konfrontationen steht das ICP ORCHESTRA, eine zehnköpfige Formation, die an der Schnittstelle zwischen Big Band und Kammerensemble agiert. Ob als musikalische Kooperative, Plattenlabel oder politische Organisation, der vom Pianisten/Komponisten/Improvisator Misha Mengelberg in Amsterdam mitbegründete Instant Composers Pool (ICP) hat das europäische Jazzgeschehen gründlich aufgerührt. Den Name ersonnen hat ebenfalls Mengelberg, der dabei nur an instant coffee gedacht haben will, aber gleichzeitig ein ästhetisches Manifest formulierte, indem Improvisation als spontanes Komponieren verstanden wird. Die Improvisation steht also weder auf einer niedrigeren Stufe als die Komposition noch ist sie eine Kunst ohne Gedächtnis, die nur im Augenblick existiert und Form & Struktur völlig außer Acht lässt. Misha Mengelberg, der unzählige Male in verschiedenen Besetzungen in Nickelsdorf zu Gast war, verstarb am 3. März 2017 im Alter von 81 Jahren. Der Auftritt des ICP Orchestra ist somit eine Hommage an diesen großen Meister der europäischen Avantgarde und steht auch exemplarisch dafür, wie die amerikanische Big-Band-Musik der fünfziger Jahre im Geiste des instant composing neu interpretiert werden kann.

 

Die Jazzgalerie Nickelsdorf hat heuer zwei wild cards vergeben, was soviel bedeutet, dass die österreichische Pianistin & Komponistin Katharina Klement und der britische Saxophonist Evan Parker unser blindes Vertrauen besitzen und Projekte ihrer Wahl präsentieren können. Katharina Klement überrascht uns mit ihrem noch sehr „frischen“ Trio LEFT, dem der österreichische Bassist Matija Schellander und die französische Klarinettistin/Vokalistin Isabelle Duthoit angehören. Die Klangsprache dieses erst vor kurzem fusionierten Trios bewegt sich zwischen abstrakter und energetisch geladener Kammermusik, fein abgestimmt in Facetten von Geräuschen und Klängen.

Evan Parker, der in den späten 1960er-Jahren das Jazzsaxophonspiel revolutionierte und laut eigener Aussage weniger an einer „Musik für den Tanz des Körpers als vielmehr an einer für den Tanz des Nervensystems“ interessiert ist, gelangte als Klangforscher in den 1990er-Jahren fast zwangsläufig zu neuen elektronischen Techniken, Live-Elektronik und Sound Processing. Es überrascht daher nicht, dass er TRANCE MAP + als sein „Wunschkonzert“ auserwählte. Dieses innovative Projekt im Bereich der elektronischen Musik begann im Studio in Zusammenarbeit mit dem zwischen Konzert- und Club-Kultur wandelnden Komponisten, Improvisator und Klangkünstler Matthew Wright. Die Musik von Evan Parker dient hier als Ausgangsmaterial, wird live manipuliert und restrukturiert, um neue Klangwelten entstehen zu lassen. Bei der Live-Umsetzung werden die beiden unterstützt von Adam Linson am Kontrabass und Spring Heel Jack, einem Duo mit Wurzeln im Drum & Bass und Jungle.

 

Bei den heurigen Konfrontationen finden sich auch viele Musiker, die dem Nickelsdorfer Festivalpublikum in bester Erinnerung sind, wie z.B. der „Mentor und Motor“ der Chicagoer Free-Jazz-Szene und Preisträger der renommierten MacArthur Stiftung Ken Vandermark, der eine schier unüberschaubare Zahl an – mitunter auch im Punk, Heavy Metal oder in der Kammermusik angesiedelten – Projekten; oder Joe McPhee, der laut Jazzgalerie-Betreiber Hans Falb „eines der bestgehüteten Geheimnisse der Musikwelt“ ist und mit seinem CLIFFORD THORNTON MEMORIAL QUARTET jenem Musiker Tribut zollt, der ihn sowohl musikalisch als auch philosophisch am meisten beeinflusste; oder Mazen Kerbaj, Trompeter, Comics-Zeichner und Festivalorganisator aus Beirut, der sich auf seinen Berlin-Aufenthalt im Zuge eines DAAD-Stipendiums so umsichtig vorbereitete, dass er bereits von seiner neuen working band THE “B” QUARTET erwartet wurde; oder Oliver Lake, eine vielfach ausgezeichnete Legende des Free Jazz, Mitbegründer der Black Artist Group in St. Louis und des World Saxophone Quartet.

 

Auch heuer wird wieder die wunderschöne Steinarena am Kleylehof bespielt, und zwar von zwei Duos, in denen der nunmehr in Nickelsdorf beheimatete schwedische Saxophonist Mats Gustafsson mitwirkt. Des Weiteren wird es am Freitag Nachmittag ein Konzert in der katholischen Kirche geben. Und auch die SOUNDART findet wieder statt und präsentiert im Salzer-Stadl Werke zum Thema „Ein Ort zum Bleiben“.

Die Nachmittags-Veranstaltungen und die SOUNDART können bei freiem Eintritt besucht werden, für alle anderen Konzerte gilt – wie auch in den Jahren zuvor – Halbpreis für Nickelsdorfer und Nickelsdorferinnen. (fk)

Programmübersicht, Beginnzeiten, Besetzung, zusätzliche Info:

www.konfrontationen.at/ko17/